Donnerstag, 7. Mai 2015

Liebe Chefs, lest mal, warum Wertschätzung euch ein besseres Betriebsergebnis bringt

Beim Mittwochsfrühstück des BVMW erklärt Hans Habbeger die Bedeutung von Wertschätzung der Mitarbeiter für den betriebswirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. 
Am Mittwoch war ich beim Unternehmerfrühstück des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft (BVMW), bayerischer Untermain, in der Obernburger Müllerei. Als ich die Einladung über den Newsletter des BVMW von Beatrice Brenner bekam, war ich sofort begeistert von dem Angebot. Schon das Thema "Mehr Effektivität und Kreativität durch Wertschätzung" ließ mich aufhorchen. Beruflich habe ich mich damit schon häufiger auseinandergesetzt und einige Fachartikel über "Human Ressources" und "Mitarbeitermotivation" für Kunden geschrieben, unter anderem über Wertschätzungstraining für die vendamus-GmbH in Großostheim.  Aber das war alles sehr theoretisch, zumal ich mir die Informationen über Recherchen in Publikationen holen musste.

Nun, gestern war das anders, denn ich hatte geballtes Wissen aus der Praxis leibhaftig vor mir, konnte Fragen stellen und einer sehr lebendigen Diskussion über Erfahrungen in den einzelnen Betrieben folgen. Zudem ist Hans Habegger (MC2) ein Referent, der ein komplexes Thema so luftig und leicht rüberbringt, dass es selbst ein "Lowperformer" und Langsamdenker versteht. Der Begriff "Lowperformer" spielte gestern oft eine Rolle. Wer als "Lowperformer" gesehen und als Mensch niedergemacht wird,  kann weder Kreativität noch Leistungsfähigkeit entwickeln. Für mich persönlich habe ich dabei gelernt, dass ich mich als meine eigene Chefin selbst und meine Fähigkeiten deutlich mehr wertschätzen muss. Das macht mich auch stark gegenüber Angriffen von Leuten, die mich als Lowperformer oder Vollpfosten diskreditieren (absichtlich oder unabsichtlich). Andererseits nehme ich dann destruktive Kritik auch nicht mehr so ernst und lasse mich nicht mehr (oder nur ganz kurz) runterziehen. Fehler macht man, um daraus zu lernen. Wie ich gestern bei Hans Habegger lernen durfte, sind es eher die Perfektionisten, die einen Burn-Out bekommen und nicht die, die an ihren eigenen (kleinen) Fehlern wachsen. Die Neigung, alles perfekt und prompt zu erledigen, ist laut Habegger mit eine Ursache, wenn sich Menschen ausgebrannt fühlen und krank werden.

Hier meine Reflexion des gestrigen Vormittags in Kurzform:

Wertschätzung ist existenzielles Grundbedürfnis, wer sie nicht erfährt, ist demotiviert, kann keine Leistung erbringen und geht letztendlich zu Grunde. Zu dieser Erkenntnis gelangten die knapp 20 Teilnehmer eines von der Geschäftsstelle des Verbandes mittelständischer Wirtschaft am bayerischen Untermain (BVMW) veranstalteten Unternehmerfrühstücks am 6. Mai 2015 mit Hans Habegger (Krombach), Fachberater für Führungskräfte, in der Obernburger Müllerei.

Wertschätzung bezieht sich auf den Menschen und nicht auf sein Verhalten
Der Vormittag unter dem Titel „Mehr Effektivität und Kreativität durch Wertschätzung“ gestaltete sich durch den lebendigen und praxisorientierten Vortrag von Hans Habegger kurzweilig und trotz des ernsten Inhalts ausgesprochen amüsant. „Keiner steht morgens mit der Absicht auf Fehler zu machen“, resümierte er. Eine Ungeschicklichkeit oder ein Fehlverhalten eines Menschen sei nicht gleichzeitig auch sein Wesensmerkmal. Hier setze die Wertschätzung als ethische Grundhaltung ein, sich selbst und andere Menschen unabhängig von ihrem Verhalten zu sehen.

Abwertung führt zum Abbau von Kreativität und Leistungsfähigkeit
„Das Schlimmste, was Ihnen passieren kann ist, dass Ihre Mitarbeiter nichts mehr ausprobieren“, stellte der Referent fest. Die Teilnehmer bestätigten: Das Festbeißen einer Führungskraft an Fehlern und das Herabsetzen von Mitarbeitern zu „Lowperformern“ und Nichtskönnern wirkt lähmend auf deren Kreativität und Leistungsbereitschaft. Laut Habegger ist dort, wo sich der Mensch subjektiv wertgeschätzt fühlt, seine Leistungsfähigkeit und Kreativität am höchsten. Dies belegte er mit Ergebnissen aus der jüngsten Gallup-Studie: Je höher die emotionale Bindung der Mitarbeiter an ein Unternehmen, umso höher ist das Betriebsergebnis. Er sagte: „Wertschätzung, emotionale Bindung und betriebswirtschaftliches Ergebnis sind eine logische Kette“ und machte klar: Aufmerksamkeit für andere Personen ist ein ganz wichtiges Werkzeug der Wertschätzung und gleichzeitig auch ein Motivationsmotor.

Rückzug ins Schneckenhaus der inneren Kündigung
„Ich entziehe Wertschätzung, damit der andere sich so verhält, wie ich will“. Abwertung produziere ein negatives Gefühl, ausgelöst durch einen biochemischen Prozess mit entsprechender Hormonausschüttung. Die Folge sei entweder Wut und Kampfeslust oder ein Fluchtreflex mit Rückzug ins Schneckenhaus der inneren Kündigung. Habbegger riet, sich Zeit zu nehmen für Mitarbeitergespräche, offen zu sein für Vorschläge. Lob oder Kritik seien nur für ein konkretes Verhalten zu äußern, nicht aber am Menschen selbst. Weiterhin empfahl er, „Sprachjudo“ anzuwenden und Verständnis zu zeigen, wenn sich das Gegenüber aggressiv verhält. Worte wie: „Ich verstehe Ihren Ärger und wäre an Ihrer Stelle auch wütend...“ führten zum Druckabbau.

Wertschätzung muss man üben
„Es gibt immer wieder Momente, wo man auch als Führungskraft impulsiv reagiert“, bekannte Beatrice Brenner, Geschäftsstellenleiterin des BVMW-Verbands am bayerischen Untermain und Organisatorin des Unternehmerfrühstücks. “Wenn man sich danach entschuldigt, wird das aber sehr positiv gesehen“, ergänzte sie. Abschließend waren sich alle Teilnehmer einig: Getrieben von Arbeitsbelastung und Kundendruck ist es nicht leicht, Wertschätzung umzusetzen. Laut Hans Habegger darf man auch nicht erwarten, dass man sie in entsprechender Weise zurückbekommt. Da setzt dann die Wertschätzung für die eigene Person ein.


Einige Daten und Fakten aus der Gallup-Studie 2015
Das Fazit der jüngsten Studie des US-Beratungsunternehmens Gallup zur emotionalen Bindung von Mitarbeitern bringt es zu Tage: Allein die Fehltage, die auf Unlust der Mitarbeiter zurückzuführen sind, kosten die Unternehmen 18 Milliarden Euro jährlich. Insgesamt gehen den deutschen Betrieben 138 Milliarden Euro durch fehlendes Engagement der Mitarbeiter verloren. Wer als Führungskraft seine Leute schlecht behandelt, sorgt nicht nur für ein mieses Betriebsklima, sondern auch für ein schlechtes Betriebsergebnis, weil die Produktivität sinkt. Von Mitarbeitern, die sich bereits mit einer inneren Kündigung von ihrer Firma verabschiedet haben, kommen messbar weniger Ideen. Sie fühlen sich nicht wertgeschätzt, nicht als Partner, sondern als Untergebene der Geschäftsleitung. Gerade die Älteren sehen sich in die Ecke der „Lowperformer“ gestellt. 29 Prozent der Mitarbeiter zwischen 48 bis 66 Jahren haben keine gefühlsmäßige Bindung mehr an ihren Betrieb. Insgesamt tendiert die Zahl der Beschäftigten, die sich nicht mit ihrem Unternehmen identifizieren laut Gallup gegen 70 Prozent. 
© Ruth Weitz



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