Donnerstag, 19. April 2018

Die Geschichte der Glanzstoffsiedlung

Sein Kunstwerk auf dem Siedlerplatz in Erlenbach hat Rudolf Müller (rechts) bei der Feier zum 75. jährigen Jubiläum der Glanzstoffsiedlung an Bürgermeister Michael Berninger übergeben.

Am Montag, 22. April 2018 wird im Rahmen des Barbarossamarktes in Erlenbach am Main die Ausstellung 70 Jahre Siedlungsverein und 80 Jahre Glanzstoffsiedlung gezeigt. Konzipiert hat sie Peter Penke, Chronist des Siedlungsvereins.
Hierzu durfte ich eine Blickpunktseite im Main-Echo zusammenstellen. Aus Platzgründen mussten Text gekürzt und Bilder herausgenommen werden. Meine vollständige Arbeit stelle ich hier zur Verfügung. Aber ich empfehle dennoch die heutige Main-Echo-Ausgabe (Lokalteil Obernburg) zu erwerben. Die Seite ist schön gemacht und hat das Wesentliche zum Inhalt.

Fotoausstellung 2012 und 2018


Vor fünf Jahren wurde der 75. Geburtstag der Glanzstoffsiedlung mit einem großen Fest gefeiert. Schon damals hatte Peter Penke eine Fotoausstellung zusammengestellt und eine CD produziert. Seit Monaten arbeitet er zum 80. Geburtstags der Siedlung und zum 70-jährigen Bestehen des Siedlungsvereins an der aktuellen Ausstellung, die am 22. April im Rahmen des Barbarossa-Marktes von 11 Uhr bis 18 Uhr zu sehen sein wird. Dabei ist Peter Penke kein gebürtiger Siedler. Der Hamburger hat sich erst seit 2002 der Liebe wegen dort verwurzelt. Seine Frau Sabrina, ein waschechtes Siedlungskind, ist seit vielen Jahren stellvertretende Vorsitzende des Siedlungsvereins.

Die Siedlung lebt!


»Die Siedlung lebt!«. Dieses Motto prangt auf den T-Shirts der Aktiven des Erlenbacher Siedlungsvereins, der bei den Veranstaltungen jedem Besucher ins Auge sticht. Vor 80 Jahren wurde das erste Haus in der damaligen Glanzstoffsiedlung in Erlenbach gebaut. Zehn Jahre später wurde der Verein gegründet, der das Leben in der Siedlung gesellschaftlich begleitet hat und es bis heute tut. Ein Beweis dafür, dass das Leben jenseits der Bahnlinie immer noch perlt. Die Menschen, die dort wohnen, zeigen einen Zusammenhalt, der seit der Gründung des Siedlungsvereins vor 70 Jahren den nachfolgenden Generationen vererbt wurde. Selbst die, die später dazu kamen, sind mit der Lebensphilosophie verbunden. Ein salopper Spruch aus der Blütezeit der Glanzstoffwerke klingt älteren Bewohnern entlang des Maintals und aus dem Spessart und Odenwald noch in den Ohren: »Elsenfeld hat den Gestank, Obernburg den Namen und Erlenbach das Geld«. Heute hat sich allerdings in dieser und anderer Hinsicht viel geändert.


Die Geschichte der Glanzstoffsiedlung



Das Musterhaus und erste Wohngebäude in der Erlenbacher Siedlung, in das die Familie von Adam Klein einzog.


Heute stellt sich das ehemalige erste Siedlungshaus von 1938 in der Rosenstraße 2 als schmuckes Wohnhaus dar.

Eine Besprechung in den Vereinigten Glanzstoffwerken, bei der es auch um die Frage der Gründung eines neuen Gemeindebezirks ging, war die Geburtsstunde der Erlenbacher Siedlung. Ziel war es, den Arbeitern ein eigenes Heim in Nähe der Fabrik zu geben. Der damalige Erlenbacher Bürgermeister Justin Kirchgässner hatte es abgelehnt, einen eigenen Gemeindebezirk zu gründen. Nach einer abermaligen Besichtigung der Erlenbacher Gemarkung mit der Direktion des Glanzstoffwerkes und Vertretern der staatlichen Stellen fand eine Einigung statt, die sich auf die jetzige Lage in den Fluren »Altwasser und Dornbaum« als künftigem Siedlungsgelände konzentrierte und der Gemeinde Erlenbach zugeordnet wurde.

Bereits am 27. September 1937 wurde mit dem Spatenstich zum ersten Siedlerhaus begonnen. Es galt als Musterhaus für die weiteren Gebäude. Am 2. Oktober erfolgte die Grundsteinlegung, am 12. Oktober das Richtfest , nach nur sieben Wochen, am 15. November, war es fix und fertig. Am 1. Dezember 1937 bezog der erste Siedler Adam Klein mit seiner Frau und seinen vier Kindern das erste Siedlerhaus. Das Musterhaus wurde für die Öffentlichkeit zur Besichtigung zur Verfügung gestellt. Es wurde von 3487 Besuchern in Augenschein genommen. Werden die die vielen Schulklassen mit ihren Lehrern der umliegenden Dörfer hinzugerechnet, sind wohl über 5000 Besucher über die Türschwelle getreten.

In der einen Ecke des Hauses wurde eine Urkunde eingelassen, die später noch davon Zeugnis gibt, wie viele sich eifrig an dem Bau des Siedlerhauses beteiligt und wie viele Behörden mitgewirkt haben.

Der Anfang war gemacht. Im Februar 1938 waren es dann schon 33 Siedler, die gemeinsam in Handarbeit mit dem Aushub für ihr eigenes Siedlerheime begonnen hatten und sie im Zeitfenster von vier Monaten fertigstellten.

Für die endgültige Anlage der Glanzstoffsiedlung waren 250 Siedlungshäuser, 33 Eigenheime, 36 Volkswohnungen und 4 Mietshäuser geplant.


Die ersten Häuser in der Glanzstoffsiedlung sind gebaut.

Bis 1972 hielt sich der Name »Glanzstoff«, danach war es die »Enka«, ab 1991 »Akzo«, von 1994 bis 1999 »Akzo Nobel« und anschließend »Acordis«. Im Jahr 2003 wurde der Standort in viele Einzelbetriebe aufgeteilt und heißt ab diesem Zeitpunkt Industrie Center Obernburg (ICO), das von der Betreibergesellschaft Mainsite GmbH & Co. KG verwaltet wird.

Der mittlerweile verstorbene Heinz Glaab, Urgestein des Erlenbacher Siedlungsvereins, überreicht seine Dokumentation an Bürgermeister Michael Berninger.


Bei der 75-Jahr-Feier der Siedlung im Jahr 2012 waren mittlerweile verstorbene Zeitzeugen dabei, die an die Anfänge der Glanzstoffsiedlung erinnerten: Hans Klein, direkter Nachkomme von Adam Klein, Angehöriger der ersten Siedlerfamilie und Heinz Glaab, der die Geschichte des Siedlungsvereins maßgeblich geprägt hat und aus dessen Unterlagen Peter Penke seine Fotoausstellungen zusammengestellt hat. Glaabs Aufzeichnungen hat er im Rahmen des Jubiläumsfestes in 2012 an Bürgermeister Michael Berninger übergeben.

Der Siedlungsverein Erlenbach damals und heute


Die Vereinslizenz »Siedlerverein Erlenbach am Main« wurde am 24. August 1948 vom Landratsamt Obernburg erteilt. Erster Vorsitzender war Josef Wesner, als zweiter Vorsitzender fungierte Adam Klein. Am 4. Oktober 1952 wurde beschlossen, den Verein in »Siedlungsverein« umzubenennen. Zweck und Aufgaben sind bis heute unter anderem die Pflege der Gartenanlagen, die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen und die Kontaktpflege mit der Kommunalverwaltung. 64 Schrebergärten nördlich der Siedlung in Mainnähe wurden betreut und verwaltet. Dies ist auch heute noch der Fall. 
1961 wurde mit dem Bau des Siedlerheims in der Pestalozzistraße 12 begonnen. 1966 wurde es offiziell eingeweiht und ist bis heute Versammlungs- und Veranstaltungsort.



Der Saal des Siedlerheims in der Petalozzistraße wird auch heute noch als Veranstaltungsraum genutzt.


Oliver Frenzl wurde 1981 in Miltenberg als waschechtes Siedlungskind geboren. Er ist selbstständiger Buchhalter, verheiratet und hat zwei Hunde. Außerdem ist er Küster der katholischen Kuratie St. Joseph und Kassier beim örtlichen Gewerbeverein (Verein für Handel und Gewerbe)











Der Siedlungsverein organisiert jährlich wiederkehrende Veranstaltungen: Osterbaumaufstellung,
Lampionfest und 
Adventskaffee, neuerdings auch ein Familienpicknick am 28. August auf dem Strube-Platz (Datum der Vereinslizenzvergabe).
 Am 25. April vergangenen Jahres hat der 36-jährige Oliver Frenzl den Vorsitz vom langjährigen Vereinschef Berthold Lorenz (17 Jahre Vorsitzender) übernommen. Vormals war Heinz Glaab von 1975 bis 2000 Motor des Vereins. Zurzeit steht Frenzl in Kontakt mit der Stadtverwaltung wegen Umgestaltung und möglicher Erweiterung der Schrebergartenanlage. Weiterhin möchte der junge Vorsitzende den Verein wieder zum Sprachrohr der Siedler zur Stadtverwaltung werden lassen. Hier nennt er als Beispiel die Park- und Verkehrsprobleme.

Durch Zufall zum Verein gekommen


Als leidenschaftlicher Fotograf, Bildbearbeiter, Internetseitengestalter und Ausstellungsmacher ist der 75-jährige in Hamburg geborene Peter Penke in der Siedlung verwurzelt und im Siedlungsverein engagiert. In Anerkennung für seinen Einsatz bekam er zusammen mit dem mittlerweile verstorbenen Heinz Glaab im Jahr 2013 die Barbarossa-Medaille der Stadt Erlenbach verliehen. Ruth Weitz, Mitarbeiterin des Medienhauses Main-Echo fragte ihn nach dem Grund und die Antriebsfeder für sein Engagement.

Peter Penke, Chronist des Siedlungsvereins Erlenbach und Initiator der Ausstellung in der Erlenbacher Frankenhalle.


Wie ist die Tätigkeit im Vorstand des Siedlungsvereins zustande gekommen?


Peter Penke: Es war eher ein Zufall. Durch meine Frau Sabrina entstand der Kontakt zu Heinz Glaab. Er wusste viel und sehr unterhaltsam zu den von ihm gesammelten Bildern zu erzählen. Beruflich komme ich aus der Datenverarbeitung. So lag es nahe, die Bilder zu digitalisieren und mich auch um die Homepage zu kümmern. Im Grunde genommen waren die Leute sehr froh, dass es jemand in die Hand nimmt.

Wie haben Sie die Fotoausstellung konzeptioniert?

Peter Penke: Ich habe sehr viel Bildmaterial von Heinz Glaab und den Siedlern als Material für die Fotoausstellung 2012 zum Jubiläumsfest 75 Jahre Siedlung bekommen. Daraus habe ich auch die jetzige Schau zusammengestellt, die einen Überblick über die Entwicklung von damals bis heute vermittelt.

Was gefällt Ihnen als ehemalige Großstadtpflanze hier besonders gut?

Peter Penke: Hier herrscht nicht die Anonymität der Großstadt. Man begegnet sich und kennt sich. Ich liebe den Main – und natürlich meine Frau!

Fotos: (c) Peter Penke, (c) Ruth Weitz


Ausführliche Informationen zur Geschichte der Siedlung und des Siedlungsvereins unter www.siedlungsverein-erlenbach.de

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