Freitag, 30. September 2022

Demenz kann jeden betreffen - Themenabend im Kino Passage in Erlenbach

 

Im Rahmen des Themenabends gab es auch Informationsstände verschiedener Einrichtungen, die detaillierte Beratung angeboten haben.

Demenz betrifft immer mehr Menschen, das ist nicht nur gefühlt so, sondern ist statistisch nachgewiesen. Der mehrfach ausgezeichnete Film »The Father« zeigt sehr deutlich die Entwicklung mit dem schleichenden Verlust des Geistes und die Machtlosigkeit der pflegenden Angehörigen, die der Veränderung der Persönlichkeit eines nahestehenden Menschen nichts entgegensetzen können. Im Auftrag der Pressestelle des Landratsamtes war ich bei der Filmvorführung am 25. September 2022 und bin sehr aufgewühlt wieder nachhause gefahren. 

Landrat Jens Marco Scherf fand eine Erklärung für den Anstieg der Zahlen: »Die Bevölkerung wird im Schnitt älter und somit steigt die Zahl der an Demenz erkrankten Menschen stetig.«Rund 50 interessierte Kinobesucher haben Interesse gezeigt und an der knapp vierstündigen Veranstaltung teilgenommen. Nachfolgend meine Zusammenfassung der rund vierstündigen Veranstaltung.


Landrat Jens Marco Scherf bei der Begrüßung.

»Demenz – ich kenn mich aus«, das Motto vom staatlichen Gesundheitsamt in Kooperation mit der Beratungsstelle Demenz Untermain im Sommer umgesetzte Projekt war die Grundlage für den Themenabend. Schüler und Schülerinnen der fünften und neunten Klassen des Erlenbacher Hermann-Staudinger-Gymnasiums (HSG) hatten sich mit einem Projekttag beteiligt. Die Einzelheiten dazu schilderte Lehrerin Julia Hohm, die im Rahmen der seit vielen Jahren bestehenden Initiative »Begegnung der Generationen« das Projekt begleitet hatte. Sinn sei gewesen, die Schülerinnen und Schüler zu sensibilisieren und Verständnis für dementiell Erkrankte zu erreichen. Es sei geplant, dies perspektivisch weiterzuführen und so Alltagskompetenzen zu vermitteln. 


Julia Hohm, Lehrerin beim HSG Erlenbach
schildert die bewegenden Momente beim
 Projekttag der Schule. 

Landrat Scherf führte aus, dass das bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege von einem Anstieg von bislang diagnostizierten 240.000 Demenzkranken bis zum Jahr 2030 auf 300.000 in Bayern ausgeht. »Umso wichtiger ist es, in diesem Bereich Aufklärungsarbeit und Unterstützung für Betroffene, aber auch für deren pflegende Angehörige zu betreiben.« Der Landkreischef bedankte sich bei Dieter Lebert, der die Veranstaltung im Kino möglich gemacht hatte sowie bei der Beratungsstelle Demenz, der Selbsthilfegruppe »Angehörige von Menschen mit Demenz«, der Caritas Sozialstation St. Johannes, Erlenbach sowie der Betreuungsstelle des Landratsamtes Miltenberg, die im Foyer mit Informationsmaterial und Beratungsangeboten vertreten waren.

Eine kurze Zusammenfassung der Intention zu dem Projekt gaben Anke Haas von der Demenzberatung Untermain und Tammy Duval als Ansprechpartnerin im Gesundheitsamt. Besonders bereichernd empfanden sie den Austausch mit den Schulen, die aus einer anderen Perspektive das Thema sehen als die Betroffen und Angehörigen, die hautnah damit befasst sind.

Längere Lebenserwartung eine Ursache von Demenz

Umfassend und informativ war der Vortrag von Chefarzt Dr. Benghebrid, Neurologe und Chefarzt der geriatrischen Abteilung der Helios-Kliniken Erlenbach-Miltenberg. Er stellte klar, dass mit zunehmendem Alter das Risiko steigt, an Demenz zu erkranken und Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Er mutmaßte als Ursache die längere Lebenserwartung der weiblichen Bevölkerung und insgesamt ein Älterwerden der Menschen. Von derzeit erfassten 1,8 Millionen Betroffenen in Deutschland werde die Zahl im Jahr 2050 auf 2,8 Millionen steigen. Die möglichen Ursachen seien vielfältig, wobei die Alzheimer Demenz bei 60 Prozent liege und hier die Gründe für diese Art der Erkrankung noch immer im Dunkeln lägen. Als Risikofaktoren nannte er unter anderen Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht. Es sei zwar möglich, eine Alzheimer Demenz zu behandeln, eine Heilung aber bisher ausgeschlossen sei.


Die medizinischen Aspekte der Demenz beleuchtet Dr. med. Benghebrid, Neurologe und Chefarzt der geriatrischen Abteilung in der Helios-Klinik.

Den pflegenden Angehörigen riet er zur Gelassenheit, den Betroffenen die zeitliche und räumliche Orientierung zu erleichtern und Streiten zu vermeiden, weil es angesichts der völlig anderen Sicht und der veränderten Persönlichkeit der Erkrankten zu nichts führe. »Informieren Sie sich über das Krankheitsbild«, empfahl der Mediziner.

Gerhard Schuhmacher, Vorsitzender der Caritas-Sozialstation St. Johannes, wies auf die Initiative der Sozialgenossenschaft »digital vital«, die in einer App alle relevanten Angebote der Pflege und wichtige Informationen aus dem Landkreis Miltenberg zusammenfassen soll.

»The Father« ein cineastisches Meisterwerk

An Information wurde bei dem Kinoprojekt eine Menge geboten, zumal die Besucher auch gezielt Fragen stellen konnten. Der Film »The Father« von Florian Zeller rührte an, denn die Erkrankung Demenz steht hier im Mittelpunkt und zeigt die einzelnen Stufen der Entwicklung eines Kontrollverlustes und des schwindenden Erinnerungsvermögens auf. Es werden sowohl die Emotionen des Betroffenen (Anthony Hopkins) als auch der pflegenden Tochter (Olivia Colman) beleuchtet. Ein zu Tränen rührendes cineastisches Meisterwerk.

© Text und Fotos: Ruth Weitz




 




 




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