Virtuos und spektakulär präsentiert sich Frank Wolff mit seinem Cello. |
Allen, die das Main-Echo nicht abonniert haben und die Veranstaltung auch nicht erleben konnten, möchte ich hier in meinem Blog die Gelegenheit geben, einen Einblick in einen wunderbaren Film und eine interessante Veranstaltung zu erhalten:
Trotz schmalem Budget einen berührenden und künstlerisch
anspruchsvollen Film zu drehen, ist eine Herausforderung. Dem Filmemacher
Wolfgang Würker ist es geglückt, mit geringen Mitteln ein cineastisches Kleinod
zu schaffen. Mit seinem Porträt über den Cellisten Frank Wolff erzählt er in
beeindruckenden Bildern eine faszinierende Geschichte. Das mit dem hessischen
Filmpreis ausgezeichnete Werk „Mein blaues Cello“ wurde am 13. November im
Kino Passage im Rahmen der Erlenbacher Kinogespräche gezeigt. Zuvor hatten die
rund 60 Zuschauer Gelegenheit, sich bei einer von Frank Wolff dargebotenen
Cello-Fantasie auf den Film einzustimmen und im Nachgang mit ihm und Wolfgang
Würker zu diskutieren.
„Eine Hommage ans Menschsein“ hatte ein Rezensent nach der
Filmpremiere getitelt und dabei den Nagel auf den Kopf getroffen. In 60 Minuten
wurde den Kinobesuchern ein Mensch vorgestellt,
der seine musikalische Begabung auf ganz individuelle Weise lebt, ohne ein
eigenbrötlerisches Dasein zu führen. Als kämpferischer Geist der
68er-Generation, zeitweiliger SDS-Bundesvorsitzender, Adorno-Schüler,
Mitbegründer des Frankfurter Kurorchesters und des Neuen Frankfurter
Schulorchesters hat Frank Wolff sowohl Musik- als auch Zeitgeschichte
geschrieben. In der nordhessischen Provinz geboren und aufgewachsen hatte er
schon als Kind eine starke Affinität zur Mainmetropole Frankfurt entwickelt, wohin
es ihn nach seinem Musikstudium in Freiburg zog und er Soziologie bei Theodor
W. Adorno studierte.
Das ist nur eine Facette aus dem Leben des Musikers und
politischen Kämpfers, die in dem Film gestreift wird, mit Filmdokumenten,
Interviews und Bildern der Fotografin Barbara Klemm unterlegt. Der Zuschauer
erfährt viel über Frank Wolffs Entwicklung als Mensch und Künstler, über die
Menschen um ihn herum, um seine Balance zwischen E- und U-Musik und um seine
Liebe zur Stadt Frankfurt mit ihren scharfen Kontrasten. Neben seinen musikalischen Fähigkeiten,
seiner Experimentierfreudigkeit und künstlerischen Vielfalt zeigt der
Regisseur Frank Wolffs Verletzlichkeit,
seine Trauer um seine Bühnen- und Lebenspartnerin Anne Bärenz, die er acht
Jahre nach ihrem Tod noch immer in sich trägt.
Erst die Kombination von Konzert, Film und Publikumsgespräch
machte den Kinoabend rund und hinterließ einen nachhaltigen Eindruck. Die
Besucher erlebten Frank Wolff als Cellisten voller Leidenschaft, der sein
Instrument behandelt wie eine Geliebte und ihm in den waghalsigsten
Körperhaltungen die spektakulärsten Klangfarben entlockt, zwischen Blues,
Walzer und Bach tänzelt und daneben noch Texte von John Cage rezitiert. Eine
gelungene Überleitung zum Film, der die vielfältigen Talente des Frankfurter
Künstlers detailliert beschreibt.
„Der Film ist jetzt vier Jahre alt, heute bin ich schon
wieder anders“, bekannte Frank Wolff, als er gefragt wurde, ob er sich in der
Dokumentation gut porträtiert fühlt. Wolfgang Würker, der den Film aus
vorhandenem und neu gedrehtem Material zu einem Ganzen zusammengefügte, hatte
das Konzept bereits vor Augen, bevor er die erste Szene drehte. Wie er am
Mittwochabend sagte, war auch der Song „Time“ von Tom Waits von Anfang an als
Hintergrundmusik eingeplant, die einerseits die beeindruckende Zeitreise
begleitet und anderseits berührt. Gerade dann, wenn zum Ende des Films die
Stimme von Anne Bärenz eingeblendet wird.
Zur Person Frank Wolff
Frank Wolff wurde am 28. August 1945 im
nordhessischen Battenberg geboren. Neben dem Besuch des Gymnasiums studierte er
Cello in Freiburg und ging 1966 nach Frankfurt, um an der
Johann-Wolfgang-Goethe-Universität bei Theodor W. Adorno ein Studium der
Soziologie zu beginnen. Zusammen mit seinem älteren Bruder Karl Dietrich
engagierte er sich in der Studentenbewegung. Beide waren zwischen 1967 und 1968
Bundesvorsitzende des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes SDS. Nach dem
Ende der 68er-Bewegung widmete sich Frank Wolff wieder dem Cello-Studium und
gründete 1981 zusammen mit Carl Hegmann und Anne Bärenz - seiner 2005 verstorbenen
Lebensgefährtin - das Frankfurter Kurorchester, rief 2002 das Neue Frankfurter
Schulorchester ins Leben, wo unter anderem Texte von Robert Gernhardt
musikalisch verpackt werden. Frank Wolff
lebt in Frankfurt am Main und bewegt sich musikalisch zwischen den
unterschiedlichsten Musik-Genres, die von der Klassik bis zur Rockmusik reichen. Im Jahr 2007 wurde er mit
der Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet.
Fotos: © Ruth Weitz
Fotos: © Ruth Weitz
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen