Chorgesang der anderen Art: Der Chor Camerata aus Weißrussland. |
Außergewöhnliche Klangwelten eröffneten sich
am 8. Dezember in der Eschauer Epiphaniaskirche. Wer sich vorgestellt hatte,
dass beim Konzert des aus Weißrussland stammenden Chores Camerata Melodien a la
Don Kosaken erklingen oder zu Herzen gehende Weihnachtslieder geschmettert würden, wurde spätestens nach dem ersten Vortrag
eines Besseren belehrt. Viele Chorsätze
waren der zeitgenössischen Musik zugeordnet. Das allerdings technisch und
künstlerisch perfekt. Hin und wieder kam der Charakter eines Adventskonzerts
zum Vorschein, denn es waren auch tief berührende weihnachtliche Weisen im
Repertoire enthalten.
Lichtreflexe
tauchten den Altarraum der Kirche in Blau-, Rot- und Grüntöne. Das Sextett,
bestehend aus drei Sängern und drei Sängerinnen, stand nicht wie in Stein
gemeißelt auf einem Fleck. Die
Chormitglieder wanderten bei den Vorträgen umher und gruppierten sich immer
wieder anders. Viele Arrangements
erinnerten an die Swingle Singers, die klassische Stücke von Mozart und Bach im
Scat-Gesang ohne jegliche Instrumentalisierung interpretierten. Allerdings
waren die exotisch anmutenden Chorbeiträge des Camerata-Chores Eigenkompositionen,
zumeist aus den Federn von Olga Vorobieva und Alexandre Dovnar geflossen. Die
ohne Zweifel virtuos vorgetragenen Chorsätze waren der Geräuschkulisse in der
Natur nachempfunden, gut nachvollziehbar
in den ersten beiden Titeln „Snow“ und „Near the Grove“, wo sich in der Tat
völlig neue Klangwelten des Ensemble-Gesangs auftaten.
Was Camerata mit den Swingle Singers verbindet, ist eine enorm leichte, flexible, schnelle
und präzise Intonation und Stimmführung, bei der den einzelnen Stimmlagen eine
bestimmte Aufgabe übertragen wird. Bass, Tenor, Alt und Sopran vereinen sich in
einem Klanggemälde, wobei die Ober- und
die Unterstimmen wechseln und sich dem Ohr des Zuhörers die unterschiedlichsten Tonkombinationen offenbaren.
Gerade bei bekannten Melodien wie beim Jazz-Standard „They can‘t take it away“
offenbarte sich die stimmliche Virtuosität. Wahrscheinlich vom Arrangeur
beabsichtigt war der „Satchmo“-Effekt, wo der legendäre Louis Armstrong mit seiner
rußigen und rauchigen Stimme gesanglich wiedergeboren wurde.
Die „Moskauer Nächte“, von Alexandre Dovnar arrangiert,
gewannen durch die außergewöhnliche Stimmführung völlig neue Tonstrukturen, und
der mitreißende Samba „Mas Que Nada“ begeisterte durch außergewöhnliche
Modulation. Gerade die Mischung aus traditioneller, populärer und
zeitgenössischer Musik machte das Konzert so abwechslungsreich und hob sich von
den üblichen Adventskonzerten ab. Es war sicherlich nicht jedermanns Geschmack.
Wer die Veranstaltungen der
Aschaffenburger Eventmanagerin Birgitte Funk kennt, weiß, dass man sich bei
ihren Konzerten auf etwas Besonderes und Außergewöhnliches außerhalb des
Massengeschmacks einstellen muss und sich darauf einlassen sollte. Qualität ist
auf jeden Fall geboten.
Das wunderschön
gesungene „Ave Maria“ von Bach oder der in harmonischer Klangfülle intonierte Gospel-
Song „Mary’s Boy Child“ versöhnte dann doch den ein oder anderen Zuhörer, der
eine völlig andere Erwartungshaltung beim Betreten der Kirche hatte. An der
künstlerischen Qualität des Konzerts gab es sowieso nichts auszusetzen.
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