Dienstag, 28. Januar 2014

Pfarrversammlung in Obernburg: Lebendig und kritisch

Am 24. Januar 2014 fand die Pfarrversammlung in Obernburg statt. Die katholische Gemeinde gehört zur Pfarreiengemeinschaft Lumen Christi entlang der Mömling. Die katholischen Christen in der Römerstadt zeigten sich kritisch gegenüber der Amtskirche.

Der Umbau und die Sanierung des Pfarrheims Pia Fidelis in Obernburg (Eine 3-D-Animation des Architekturbüros Kaufmann) ist ein finanzieller Kraftakt, der von der katholischen Kirchengemeinde gestemmt werden muss.


Hier der Text:

Lebendige Pfarrversammlung mit diskussionsfreudigen Teilnehmern

Obernburg. Die Pfarreiengemeinschaft Lumen Christi entlang der Mömling befindet sich in einer Umstrukturierungsphase. In der öffentlichen Versammlung des Obernburger Pfarrgemeinderats (PGR) am Freitagabend in der Kochsmühle kündigten sich einschneidende Veränderungen an. Nach 20 Jahren Tätigkeit, davon 12 Jahre als Vorsitzende des Gremiums, tritt Elisabeth Sattler nicht mehr an. Die Hälfte der PGR-Mitglieder tut es ihr nach. Unter den rund 150 Anwesenden machte sich Unmut über Gottesdienstzeiten und organisatorische Vorgaben breit.

Nachdem es bereits in Mömlingen und Eisenbach, den beiden anderen Pfarreien der Gemeinschaft, große Probleme bei der Kandidatensuche für den PGR gab, war es in Obernburg wenigstens gelungen, die erforderliche Mindestzahl von 16 Kandidaten zu erreichen, damit 12 Pfarrgemeinderäte gewählt werden können. In Mömlingen musste das zu wählende Gremium auf 10 Pfarrgemeinderäte reduziert werden. In Eisenbach gab es sogar einen Brandbrief an die Gläubigen, da sich nur zwei der noch amtierenden Pfarrgemeinderatsmitglieder zur Wiederwahl gestellt hatten. Die öffentliche PGR-Versammlung dort findet am Freitag, 31. Januar ab 20 Uhr im Haus der Begegnung in Eisenbach statt.

Elisabeth Sattler erinnerte am vergangenen Freitag an die vielen Veränderungen, die es im abgelaufenen Jahr gegeben hatte: Der Weggang von Pfarrer Hubert Grütz, des Pastoralreferenten Thorsten Seipel und der Pastoralassistentin Julia Kopf. Zwei neue Gesichter, Pfarrvikar Mariusz Kowalski und Pastoralreferent Benjamin Riebel waren ins Pastoralteam aufgenommen worden. Pfarrer Manfred Jarosch, bisher koordinierender Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft, ist nun auch Pfarrer von Obernburg. Zwei ehemalige Pfarrer hatten die Lebensbühne verlassen. In einer Schweigeminute gedachte die Versammlung der verstorbenen Geistlichen Josef Bachmann und Wendelin Lieb, die das Leben der katholischen Gemeinde über viele Jahre geprägt hatten.

Die wichtigsten Ereignisse des vergangenen Jahres ließ Sattler in einer Bildpräsentation Revue passieren. Anhaltender Applaus beschloss ihre Ausführungen, in denen sie immer wieder darauf hinwies, dass es wichtig ist, aufeinander zu hören und sein Gegenüber ernst zu nehmen. „Wir alle müssen uns dem Wandel stellen“, resümiert sie und empfahl, dass Ehrenamtliche und Hauptamtliche keine Hindernisse aufbauen dürften, sondern den Weg zum Glauben ebnen und dabei auch Neues wagen müssten.

„Wir sind schuldenfrei“, diese Feststellung von Johannes Rehak, Vorsitzender der Kirchenverwaltung, wurde mit Applaus bedacht. In der Amtszeit des hauptsächlich für finanzielle Fragen zuständigen Gremiums stehen bis 2018 allerdings kostenträchtige Projekte an, wie der Vorsitzende am Beispiel der Sanierung des Pfarrheims deutlich machte. Seit Baubeginn im August vergangenen Jahres sind Mehrkosten von 90000 Euro aufgelaufen. Laut Rehak ist trotz Zuschüssen und einer Eigenkapitaldecke von knapp 150000 Euro eine Finanzlücke von insgesamt 130000 Euro zu schließen, was ohne Spenden nicht zu stemmen sei. Architekt Bertwin Kaufmann aus Mönchberg zeigte mit 3-D-Animationen auf, wie sich das Gebäude nach den Bauarbeiten darstellen wird und erläuterte die einzelnen Maßnahmen. Rehak forderte die katholischen Gläubigen dazu auf, sich in dieses Projekt einzubringen und betonte, dass jede einzelne Spende wichtig sei.

Die Versammlungsteilnehmer nutzten die Gelegenheit, nach der Vorstellung der Kandidaten durch die Vorsitzende des Wahlausschusses, Katharina Volmer, Fragen und Anregungen einzubringen. Helmut Wörn beklagte, dass immer weniger Gläubige die Eucharistiefeiern in Obernburg besuchten, wofür er die unglücklich gewählten Gottesdienstzeiten und die Rotation der Geistlichen mit verantwortlich machte. Während Pfarrer Jarosch auf die Vereinbarung im Kooperationsvertrag der Pfarreiengemeinschaft zwischen Eisenbach, Mömlingen und Obernburg verwies, meinte Elisabeth Sattler: „Nichts ist für ewig“. Sie riet dazu, die Gottesdienst-Organisation noch einmal auf den Prüfstand zu stellen.

Einen größeren Stein des Anstoßes brachte Erwine Knecht ins Rollen. Als Organistin werde sie häufig gefragt, warum es nicht mehr möglich sei, Kinder in der Annakapelle oder in der Wendelinuskapelle taufen zu lassen. Nachdem sich mehrere Teilnehmer unter Beifall darüber empörten, dass dies aus theologischer Sicht nicht zu begründen sei, berief sich Pfarrer Jarosch auf die von Bischof Friedhelm Hofmann erlassene Richtlinie, die Aufnahme in die Gemeinschaft - also die Taufe - dürfe nur in der Pfarrkirche im Rahmen einer Eucharistiefeier vorgenommen werden. „Ich halte mich an die Vorgaben des Bischofs, darüber braucht man nicht diskutieren“.
Ruth Weitz

Das Spendenkonto der Kirchenverwaltung für die Sanierung des Pfarrheims ist bei der Sparkasse Miltenberg-Obernburg, Konto 501078893, Bankleitzahl 796500 00, IBAN DE 91 7965 000 0501 0788 93.

Drei Fragen:

Nach 20 Jahren Tätigkeit im Pfarrgemeinderat, davon 12 Jahre als PGR-Vorsitzende in Obernburg kandidiert die heute 60-jährige Elisabeth Sattler nicht mehr für dieses Amt. Main-Echo-Mitarbeiterin Ruth Weitz fragte sie nach einer Bewertung ihrer Tätigkeit und nach den drängendsten Aufgaben, denen sich die Pfarrgemeinderatsmitglieder in der Zukunft stellen müssen.

1. Was waren die bedeutendsten Maßnahmen und Veränderungen während Ihrer Tätigkeit als Pfarrgemeinderatsvorsitzende?

Eine bedeutende Maßnahme war die Erwachsenenbildung für die Gemeinde und für den Pfarrgemeinderat: Verschiedene Vorträge sowie einmal im Jahr ein spirituelles Wochenende des PGR  in Schmerlenbach mit einem Referenten. Mir war auch wichtig, die Arbeit  des Pfarrgemeinderats durch Öffentlichkeitsarbeit ins Bewusstsein zu bringen, unter anderem durch die Gestaltung und Aktualisierung der Homepage. Neuen und bewährten Formen im Angebot für die Pfarrgemeinde mehr Aufmerksamkeit zu schenken  ist ein weiteres Feld:  „Lyrik meets Musik“, Ausstellungen, Installationen, dem Patrozinium, die Kinderkirche, die Segensfeier für Paare und mehr. Das alles umzusetzen war nur möglich durch ein Superteam von Haupt- und Ehrenamtlichen. Wir haben die Arbeit auf verschiedenen Schultern in Ausschüssen verteilt: Jugend, Ehe- und Familie, Öffentlichkeit und Feste, Caritas, Jugend, Liturgie, so dass auch die einzelnen Interessen der Mitglieder berücksichtigt wurden.

2. Wo sehen Sie die Schwerpunkte der Arbeit in den nächsten Jahren?

Sehr wichtig ist mir der Dienst am Menschen, dazu zählen die "Zeitgeschenke", ein anderes Wort für Nachbarschaftshilfe. Der Pfarrgemeinderat organisiert diese Hilfe, dazu müssen die Hilfe-Suchenden wissen, an wen sie sich wenden können. Das heißt konkret: Öffentlichkeitsarbeit ist und bleibt ein ganz wichtiger Punkt. Wichtig ist auch kreativ zu bleiben; mir spricht da Papst Franziskus aus dem Herzen, wenn er vom Pfarrer und der Gemeinde innere Beweglichkeit und missionarische Kreativität einfordert. Kirchliche Arbeit muss mutig neue Wege gehen, lebendig und vielseitig sein! Deshalb müssen auch Kirchenferne neugierig gemacht werden. Weiterhin sollte die Ökumene wieder stärker ins Bewusstsein kommen, zumal es früher schon mal einen Ökumene-Ausschuss gab.

3. Welchen Rat geben Sie Ihrem Nachfolger, beziehungsweise Ihrer Nachfolgerin für den Vorsitz im Pfarrgemeinderat mit auf den Weg?

Ich sage: Sorge für gut vorbereitete Sitzungen, stärke die Teamarbeit, achte darauf, dass jeder seine Fähigkeiten einbringen darf; bewahre dem Gremium ein geistliches Wochenende im Jahr, wo alle "auftanken" können und das private Zusammensein nicht zu kurz kommt; bleibe kritisch, behalte ein offenes Ohr für die Anliegen der Gemeinde und vergiss die Freude nicht; habe den Mut "nein" zu sagen. Pflichtlektüre für alle Haupt- und Ehrenamtlichen sollte das Apostolische Schreiben von Papst Franziskus sein. Evangelii gaudium - Freude am Evangelium.
Foto: Ruth Weitz

Die Kandidaten für den Pfarrgemeinderat

Die Reihenfolge der Kandidaten für die Pfarrgemeinderatswahl am 16. Februar ist nicht alphabetisch, sondern sie wurde vom Wahlausschuss ausgelost. Die 16 Kandidaten sind Ute Fath, Jutta Zurlinden (neu), Susanne Schuhmann (neu), Petra Pollakowski (neu), Rosi Weis (neu), Manuela Petry (neu), Angelika Hennrich, Stephanie Noß (neu), Harald Müller, Felix Giegerich (neu), Brigitte Giegerich, Günter Rosenberger (neu), Armin Bachmann, Patricia Spilger (neu), Katharina Volmer und Eva Maria Janson (neu). Vorsitzende des Wahlausschusses ist Katharina Volmer. Spätestens um 15 Uhr am Sonntag, 16. Februar, müssen die Wahlzettel im Pfarrbüro abgegeben sein.

ruw

Zwischenruf

Das Evangelium ist eine Frohbotschaft und keine Drohbotschaft. Sehr viele Laien und Pastoralteams der katholischen Kirche haben das erkannt und setzen sich in der „Kirche von unten“ dafür ein, die verkrusteten Strukturen der Amtskirche aufzubrechen. Papst Franziskus hat in einem „Evangelii gaudium“ aufgezeigt, wie’s gehen kann. Glaube ist Freude. Und diese Freude weiter zu tragen und Menschen nahezubringen, sie nicht mit autoritärem Gehabe vor den Kopf zu stoßen, sondern sie anzunehmen und ihre Sorgen und Wünsche ernst zu nehmen, das ist die Aufgabe von Kirche. Jesus wurde im Jordan getauft. Was spricht dagegen, dass Kinder aus Obernburg in der Anna-Kapelle oder in der Wendelinus- Kapelle getauft werden? Jede Taufe, egal, wo sie stattfindet, bringt die Menschen dem Glauben und der Frohbotschaft ein Stück näher.

Ruth Weitz

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