Samstag, 25. Mai 2024

Stilllegung der Bachgaugahn nicht nur aus heutiger Sicht ein Fehler

 

Vor 50 Jahren wurde die Bachgaubahn von Aschaffenburg nach Höchst mit Halt in Mömlingen stillgelegt. Ein Dilemma nicht nur aus Sicht vieler Einheimischer      .
Foto: Ruth Weitz

Am 25. Mai 1974 fuhr der letzte Zug in Mömlingen ab. Die Bahnstrecke von Aschaffenburg nach Höchst im Odenwald, die sogenannte Bachgaubahn wurde stillgelegt. Das war vor 50 Jahren. Ein Jubiläum, das den örtlichen Heimat- und Geschichtsverein (HGV) zum Anlass nahm, einen »Mimlinger Owend« am 23. Mai - also zwei Tage vor dem Jubiläum - mit dem Titel »Er­in­ne­run­gen an un­se­re Ei­sen­bahn« zu veranstalten. Das Interesse war groß. Es waren alle 200 Plätze im Pfarrsaal besetzt, darunter auch viele junge Menschen, die das Ereignis gar nicht mehr erlebt hatten.

Erinnerungen an die Eisenbahn in Mömlingen

Für die örtliche Heimatzeitung, das Main-Echo, durfte ich über den Abend berichten, der immerhin länger als drei Stunden dauerte. Langweilig war es nicht, sondern sehr interessant und kurzweilig, was unter anderem an dem Referenten, dem Heimatforscher Wolfgang Hartmann, lag, der seinen Vortrag mit sehr viel Humor würzte. Die Dekoration vor der Bühne und auf den Tischen war ganz auf das Thema Bahn, Züge und Zubehör abgestimmt. Es waren Exponate aus dem Mömlinger Heimatmuseum, das von dem HGV betreut wird. Zahlreiche Fotos aus dem Fundus von Wolfgang Hartmann waren zu bestaunen, dessen Großvater am Bau der Bahntrasse mitgewirkt hat, Hartmanns Vater der letzte Bahnvorstand in Mömlingen war und die Großmutter Fahrkarten verkauft hatte. So war eigentlich zu vermuten, dass auch Wolfgang Hartmann ein »Bahner« wird. Aber er wurde Lehrer.

Ab den 1950er Jahren beförderten Schienenbusse die Fahrgäste.
Foto: Archiv Wolfgang Hartmann

Im Laufe des Abends wurden viele Erinnerungen und Erlebnisse geteilt, als Dampfloks und später Schienenbusse an den beiden Stationen Mömlingen Ort und Mömlingen Bahnhof haltmachten. Selbst Wolfgang Stapp, heute Vorsitzender des HGV, der bei der Streckenstilllegung achteinhalb Jahre war, konnte sich noch gut erinnern, zumal sein Elternhaus in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Bahnstation Mömlingen Ort steht. 

Meine Tischnachbarn, ein älteres Ehepaar, war wie viele andere andere im Saal der Meinung, dass die Stilllegung der Bahnstrecke Aschaffenburg-Höchst im Odenwald ein Fehler war. Viele haben damals die Bahn als öffentliches Verkehrsmittel genutzt. Gerade Pendler, Schüler und Menschen, die Verwandte besuchten oder nach Aschaffenburg fuhren, um Einkäufe zu erledigen. Die Geschichte der Bachgaubahn aus so genannten Rentabilitätsgründen ist kein Einzelfall. Es wurden sehr viele Nebenstrecken in den 1960er und 1970er Jahren stillgelegt, weil es sich angeblich für die Bahn nicht mehr lohnte. Auch in den 1980er Jahren wurden die Stilllegungen fortsgesetzt. Ich erinnere mich an meine Heimat im Vogelsberg: 

Nach Stilllegung der »Oberwaldbahn«, die durch den hohen Vogelsberg führte, wurde sie in den Jahren 2000 bis 2003 zum Vulkanradweg umgebaut. Als Oberwaldbahn wird heute die ehemalige Vogelsbergbahn zwischen den Bahnhöfen Glauburg-Stockheim an der Bahnstrecke Gießen–Gelnhausen und Lauterbach Nord an der Bahnstrecke Gießen–Fulda bezeichnet. Die 65 Kilometer lange Nebenbahn verlief entlang der Nidder und über den Vogelsberg. Im Bahnhof Hartmannshain zweigte die Bahnstrecke Wächtersbach–Hartmannshain ab. (Quelle. Wikipedia)

Mangelnde Rentaibiltät als Grund der Stilllegung

Auch die Nebenstrecken von Alsfeld nach Marburg und nach Bad Hersfeld gibt es heute nicht mehr. Viele meiner damaligen Mitschüler und Mitschülerinnen sind damit gefahren. Meine zuweilen bessere Hälfte erzählt von der ebenfalls aufgelösten Spessartbahn, mit der sein Großvater von Obernburg-Elsenfeld aus zu den Gastwirtschaften im Spessart tuckerte, um dort Ansichtskarten zu verkaufen. Heute wären wir froh, wenn es sie noch als Angebot des ÖPNV gäbe. Die Umstrukturierung der Deutschen Bahn ist aus heutiger Sicht betrachtet ein Fehler gewesen, wie auch die der Deutschen Post. Die Privatisierung war kein Glücksgriff, sondern ein Griff in die Kloschüssel. Mit ein Grund des heutigen Fachkräftemangels und der CO2-Belastung durch den Auto- und LKW-Verkehr.

Zurück nach Mömlingen: Der Vortragsabend war zwar lang, aber hoch interessant. Demnächst wird in der Rubrik »Sellemols« (Seinerzeit) ein längerer Beitrag über die Geschichte der Bachgaubahn erscheinen. Mein Beitrag im Main-Echo ist hier nachzulesen. 

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